Wer will meinen Camper mieten?

    Das Startup-Unternehmen mycamper.ch vernetzt Besitzer und Mieter von Wohnmobilen unkompliziert miteinander und ermöglicht neue Freiheiten.

    (Bilder: zVg) Das eigene Wohnmobil mit anderen zu teilen statt es den grössten Teil des Jahres ungenutzt stehen zu lassen ist die Sharingidee vom mycamper-Team.

    Die erste Inspiration für sein eigenes Unternehmen hatte Michele Matt, als er in den Ferien mit seinem VW-Bus an einem idyllischen Plätzchen in Sardinien parkte und seinen Blick über das türkisblaue Meer schweifen liess. «Wir machten Halt, weil uns der Ort so gefiel. Diese Spontanität und persönliche Freiheit war nur dank unserem Gefährt mit Schlafplätzen und eigener Küche möglich. Und dann keimte der Gedanke auf: warum soll unser Camper eigentlich nur an den Ferientagen genutzt werden und sonst in der Garage stehen? Wieso vermieten wir es zwischendurch nicht an andere Urlauber?» Aus der Idee, den eigenen VW-Bus gegen ein Entgelt mit Ferien- und Reisefreudigen zu teilen, entstand die Sharing-Plattform mycamper.ch. Denn neben Matt gibt es in der Schweiz rund 100’000 andere Camperbesitzer, deren rollendes Domizil den grössten Teil des Jahres nicht zum Einsatz kommt. Sobald er aus Sardinien zurück war, begann er zu recherchieren. Und entdeckte, dass es in zahlreichen Ländern Camper-Sharing-Plattformen gibt, die sehr gut laufen. Mit Hilfe eines Internet-Spezialisten und dem Basler Förderverein Startup-Academy gründete er 2015 seine eigene Firma my.Camper. Mit dabei sind Mirjam Affolter und Desirée Mettraux. «Am Anfang verteilte ich Flyer und bewarb Wohnmobil-Besitzer per Brief», erzählt Matt. Mittlerweile ist der Bekanntheitsgrad von mycamper.ch gestiegen, und es werden laufend neue Fahrzeuge online angemeldet. Mit der Allianz Suisse steht eine Partnerin zur Seite, die für unkomplizierte Versicherungslösungen sorgt und die Vermieter entlastet.

    Stolpersteine nicht unterschätzen
    Michele Matt ist studierter Umweltgeowissenschaftler mit Abschluss im International Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Heute unterstützt er die Credit Suisse mit einem 80%-Pensum in der regionalen Geschäftsleitung. Rund 100’000 Franken gab er bisher für sein eigenes Unternehmen aus. «Die Kosten dürfen bei einer Firmengründung nicht unterschätzt werden», meint er. Denn nicht nur der Internetauftritt und Werbemassnahmen können ins Geld gehen. «Es gibt auch gesetzliche Stolpersteine, denen man sich anfänglich gar nicht bewusst ist. Um alles sauber aufzugleisen, braucht es einen Anwalt.» Freunde oder die Familie anpumpen wollte er nie. «Am besten, man spart sich etwas an oder tut sich mit Partnern zusammen. Wer eine bahnbrechende Idee aber keine finanziellen Mittel hat, kann sich auch auf die Suche nach Investoren machen.» Die Startup Academy in Basel bietet für Jungunternehmer wie Michele Matt nicht nur eine gute Infrastruktur mit Büro- und Sitzungsräumlichkeiten, sondern stellt ihnen auch Mentoren und Experten mit ihrem Fachwissen zur Seite. «Um die eigene Investition kommt aber niemand herum», betont Matt und fügt hinzu: «Um sich mit seiner eigenen Geschäftsidee am Markt zu positionieren, muss man enorm viel Zeit und Energie investieren.» Wie er haben alle in seinem Team Teilzeitjobs und arbeiten bis jetzt ohne Lohn für mycamper.ch

    Michele Matt gründete 2015 die Plattform mycamper.ch.

    Die totale Freiheit
    Für Michele Matt ist das Unterwegssein mit einem Camper eine der schönsten Reiseformen. «Man fühlt sich total frei und unabhängig. Ich schätze es, wenn ich den ganzen Tag meine Flipflops anhaben kann und an keine Essenszeiten gebunden bin.» In der Schweiz gibt es rund 420 Camping- und unzählige Stellplätze. In ganz Europa findet man überall schöne Orte, um einen Halt einzulegen. Zahlreiche Bauernhöfe und Weinkellereien bieten Rastplätze mit Frühstück an. Tipps dazu geben spezielle Campingreiseführer.

    Preisgünstig und persönlich
    Die Flotte von mycamper.ch umfasst bisher 180 Fahrzeuge aus der ganzen Deutschschweiz. Kunden sind vor allem Familien, junge Leute, die preisbewusst reisen wollen und ältere Paare, die nach der Pension ihren Traum vom Unterwegssein realisieren. «Wir sind 25 bis 30% günstiger als herkömmliche Campervermieter», meint Matt auf die Vorteile seiner Sharing-Plattform angefragt. Im Durchschnitt komme ein Wohnmobil auf 128 Franken pro Tag zu stehen. Die motorisierten Hotelzimmer im Privatbesitz seien zudem meist sehr individuell gestaltet. Es gilt nur noch, auf mycamper.ch Start- sowie Enddatum des Urlaubs und Platzwünsche anzugeben und schon bald kann es losgehen. Auch die Haustiere können mitkommen.

    Ziel ist der internationale Markt
    Ein kompakter Campingbus ist so einfach zu fahren, wie ein normales Auto. Für die breiteren und längeren Wohnmobile braucht es etwas Übung. Aber das ist gemäss Matt keine Hexerei: «Die Vermieter geben ihren Kunden jeweils eine Einführung, bis diese sich sicher fühlen.» Sein Ziel ist es, mycamper.ch nicht nur schweizweit sondern auch international zu positionieren. «Wir sind auf bestem Wege und in Verhandlung mit einem holländischen Partner», verrät er. Und wo führt es ihn das nächste Mal hin mit seinem VW-Bus? «Nach Nordspanien», bekundet Michele Matt und strahlt, «wir wollen in der Heimat meiner Frau heiraten.»

    Ursula Burgherr


    myCamper GmbH
    Thannerstrasse 8
    4054 Basel
    hallo@mycamper.ch
    Tel. 076 823 67 11
    www.mycamper.ch

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